ÜBER DIE GESCHICHTEN DER GROSSEN

Sie sagten:

- In unserer Zeit gibt es wenige Menschen, die die Willensstärke besitzen, um ein Mürid zu werden. Man sollte auf folgende Geschichte Acht geben: Ein Scheich schickte eine Nachricht an einen der Großen: Es gibt bei uns sehr wenige Menschen, die Talent haben, ein Mürid zu werden. Wenn Sie Menschen mit den Eigenschaften eines Mürids haben, schicken Sie sie bitte zu uns. Der, der den Brief erhalten hatte, antwortete wie folgt: „Die Mürids, von denen Sie erzählen, haben wir hier auch nicht. Aber!...Wenn Sie Scheichs haben wollen, können wir ihnen so viele schicken, wie sie brauchen.“

Sie sagten:

- Eine Handlung des Verehrten Mevlana Rükneddin Hafi ist ein gutes Beispiel für die Verbundenheit des Willen. Mevlana Rükneddin sagte: „Ich habe keine Hoffungen. Es gibt aber eine einzige Handlung, in der ich Hoffnung für mich sehe. Eines Tages wollte sich der Verehrte Scheich Zeynüddin Ali Külan in der Wüste nach dem Stuhlgang rituell reinigen. Ich habe mit dem Stein, mit dem er sich säubern sollte, mein Gesicht und meine Augen berührt und an ihn abgegeben. Wegen dieser Handlung habe ich eine Hoffnung.“

Und er fügte hinzu:

- Wenn man das Gesicht eines Derwischs auf eine Wand zeichnen würde, sollte man an dieser Wand mit Anstand vorbeigehen.

Sie sagten:

- Cüneyd hat dem Şibli sieben Jahre lang den Handel und den Gewinn befohlen. Der siebenjährige Gewinn sollte als Almosen gegen die Grausamkeiten von Şibli verteilt werden. Danach musste Şibli sieben Jahre lang die Toiletten putzen. Erst dann brachte man ihm die Regeln des Ordens und die Enthaltsamkeit bei.

Sie sagten:

- Der Verehrte Sehl bin Abdullah Tüsteri machte lange Zeit in der Enthaltsamkeit Zikirübungen. Er ging so weit, dass aus seinem Mund und seiner Nase Blut floss. Jeder einzelne Tropfen schrieb auf dem Boden den Namen ‘Allah’.

Sie sagten:

- Es gibt nach dem Nachmittagsnamaz eine Zeitspanne, in der man seine gute Handlung machen sollte. Die beste Handlung in dieser Zeitspanne ist, mit sich abzurechnen. Der Mensch soll sich seine Handlungen Tag und Nacht vor Augen halten und sich damit auseinandersetzen. Er soll seine Sünden und die guten Taten sehr gut analysieren. Für die guten Taten soll er dankbar sein und für die Sünden soll er um Vergebung bitten. Die beste Handlung ist, alles andere außer Allah an die Seite zu legen und danach sollte man sich einen Lotsen (Mürschid) suchen und sich an ihn binden, um Allah näher zu kommen. Man sollte versuchen, das Sohbet eines Großen zu erreichen.

Sie sagten:

- Das Sohbet mit Verständnislosen bringt dem Herzen Unmut und in der Seele Unordnung. Eines Tages bekam der Verehrte Bayezid in seiner Gesellschaft Unmut im Herzen. Er sagte: „Ich glaube, es gibt einen Verständnislosen in unserer Gesellschaft. Suchet und findet ihn.“ Sie suchten, fanden ihn aber nicht. Sie bekamen den Befehl: „Sucht dort, wo die Spazierstöcke stehen.“ Sie fanden dort einen Spazierstock, der einem Verständnislosen gehörte. Sie schmissen den Stock hinaus. Der Unmut im Herzen den Verehrten Bayezid verschwand.

Der Autor von ‚Rinnsal‘:

- Eines Tages kam ein Anhänger des Verehrten Hodscha mit einem Hemd, das seinem Bekannten gehörte, in die Gesellschaft. Der Verehrte Hodscha sagte: „Von Einem kommt ein fremder Geruch.“ Er drehte sich zu dieser Person um und sagte: „Hast du etwa das Hemd eines Verständnislosen angezogen? Der Geruch kommt von dir.“ Diese Person ging hinaus, wechselte sein Hemd, und kam wieder zurück in die Gesellschaft.

Sie sagten:

- Durch die Handlungen und Charaktere der Menschen werden sogar die Feststoffe (Materie,Gegenstände usw.) beeinflusst. Der Verehrte Scheich Muhiddin- i Arabi machte viele Entdeckungen in diesem Fall. Der Wert der Gebete ist qualitativ unterschiedlich, je nachdem, ob man sie in einem negativen Umfeld oder in einem friedlichen Umfeld verrichtet. Namaz auf dem Hof der Kaabe ist viel wertvoller als woanders.

Sie sagten:

- Der Verehrte Scheich Ebu Talip Mekki erzählte: „Kämpfe!...So lange, bis du kein anderes Ziel mehr hast außer Allah. Wenn du dieses Ziel erreicht hast, brauchst du keine Wunder, Wundertaten, Zustände und Erscheinungen.“

Sie sagten:

- Heutzutage ist Tevhid so verbreitet, dass die Menschen in der Stadt und auf den Basaren herumlaufen, auf die Gesichter der Schönheiten schauen und sagen: „Wir sehen uns das Gesicht Allahs an.“ Vor solchen hergeleiteten Worten suche ich Zuflucht bei Allah. Eines Tages kam der Verehrte Seyyid Kaasım Tebrizi hierher. Er bekam mit, dass seine Mürids auch diese hergeleiteten Worte benutzt hatten. Sie liefen in der Stadt und auf den Basaren herum und schauten sich die Gesichter der Schönheiten an. Als Argument sagten sie, dass sie das Gesicht Allahs anschauen würden. Dabei befriedigten sie ihr persönliches Nefs (Ego - eigenes ICH-Gehabe). Der Verehrte Scheich bezeichnete solche Individuen als ‘Schweine’. Wenn das Nefs sich irgendwo zeigt, gibt es keine Wahrheit. Wenn bei der Betrachtung der Schönheiten kein Nefs im Spiel ist, sondern nur die geistige Betrachtung, sollte man sich vor der heiligen Tatsache schämen und sich davon befreien.

Sie sagten:

- Wenn man über dich schlechte Sachen erzählt, solltest du aufpassen, ob du diese schlechten Eigenschaften besitzt oder nicht. Wenn man dich als ‚Schwein‘ oder als ‚Hund‘ bezeichnet, hast du also eine kleine Eigenschaften der besagten Tiere. Der Mensch ist der Sammelpunkt aller möglichen Eigenschaften. Der Mensch hat sowohl Eigenschaften von Engeln als auch die Eigenschaften von allen Lebewesen, wenn auch nur anteilig. Während ein großer Mürschid vor dem Audienzort von Cüneyd saß, kam Şibli dazu. Der Große Mürschid lobte, rühmte und pries den Şibli ins Angesicht in der Anwesenheit von Cüneyd. Nachdem er mit den Komplimenten an den Şibli geendet hatte, zeigte Cüneyd auf Şibli und sagte: „All die Kompliment und all das Lob für dieses Schwein?“ Aber in der Haltung von Şibli sah man keine Trübseligkeit und keine Enttäuschung, nicht einmal eine winzige Änderung.

Sie sagten:

- Derwischsein heißt: Trage die Last von Anderen, lass aber deine Last nicht von Anderen tragen.

Sie sagten:

- Man soll dem Unglück von Allah mit Geduld begegnen. Man soll sogar dankbar sein, weil Allah unzählige und in unterschiedlich ausgeprägten Graden Unglück und Unheil besitzt.

Man erzählte dem Verehrten Mevlana Nizameddin die Geschichte der siamesischen Zwillinge.

Sie sagten:

- Der Verehrte Bayezid erzählte: „Seit dreißig Jahren rede ich mit Allah und höre von Allah. Die Menschen glauben, dass ich mit ihnen rede und von ihnen höre.“ Die Wahrheit dieser Worte bedeutet, dass das von ihm Gesagte nicht ihm gehört.

Sie sagten:

- Der Verehrte Bahaeddin Nakşibend erzählte von seiner Begegnung in Mekka mit zwei Menschen. Einer war arm, was den geistigen Anteil betraf und der andere war eine hohe Persönlichkeit. Dieser Arme hielt am Ring der Tür der Kaabe fest und verlangt nach allem Möglichen, nur nicht nach Allah. Die andere Person lief auf den Straßen und Basaren und kaufte alles Mögliche für tausende Goldstücke. Aber nicht einmal eine Sekunde war er gegenüber Allah unachtsam. Der Verehrte Hodscha Şah-ı Nakşibend sagte: „Aus Achtung vor dieser hohen Persönlichkeit schwoll mein Herz voll Blut.“

Sie sagten:

- Eines Tages kam plötzlich ein nasser Hund dort heraus, wo gerade der Verehrte Bayezid vorbeiging. Der Hund schüttelte sich mit seinem nassen Fell. Der Verehrte Bayezid zog seinen Saum hoch und ging zur Seite, damit das gespritzte Wasser nicht auf seine Bekleidung kam. Daraufhin kam der Hund zur Sprache und sagte: „Wenn ein Tropfen Wasser von mir auf deine Kleidung gekommen wäre, hättest du deine Bekleidung gewaschen und sauber bekommen. Du aber hast den Saum hoch gekrempelt und bist an die Seite gegangen. Du hast dich für etwas Besseres und Reineres als mich gehalten. Mit welchem Wasser willst du den Dreck, der durch deine Handlung in dir entstanden ist, sauber bekommen?“

Sie sagten:

- Ein Mann saß vor dem Audienzort des Verehrten Mevlana Nizameddin. Sein Kopf hing herunter und sein Kinn lag auf seiner Brust. Er tat so, als wäre er mit Murakabe beschäftigt. Der Verehrte Mevlana sah diese Haltung und sagte: „Heb den Kopf hoch!...Ich sehe Rauch über dir aufsteigen. Was hast du mit Murakabe zu tun?“

Der Autor von ‚Rinnsal‘:

- Der Verehrte Hodscha sagte in seiner Gesellschaft ähnliche Worte an jemanden, der auch eine unechte Haltung angenommen hatte. Der Verehrte Hodscha betonte, dass man auf diesem Weg auf reinen Glauben achten muss.

Als der Verehrte Hodscha einem Derwisch die Reisegenehmigung gab, sagte er:

- Als ich mich von dem Verehrten Hodscha Alaeddin verabschiedete, sagte er mir: „Nimm dir vor!...Wenn du auf der Straße gehst, bestimme ein Ziel und sage dir ‚Ich werde bis zu diesem Ziel Achtsamkeit bewahren.‘ Nimm dir dies von Ziel zu Ziel vor und geh weiter und erreiche deinen Wunsch.“ Das ist mein einziger Rat an dich.

Über das Thema Sünde sagte er:

- Der Meister dieser Gruppe, Cüneyd, sagte: „Der treue Mürid ist derjenige, über den die Schreibengel zwanzig Jahre lang keine Sünden aufzuschreiben finden.“ Das heißt aber nicht, dass der Mürid keine Sünden begeht, sondern dass sein Leben aus Kampf und Fleiß besteht, um keine Sünde zu begehen.

Über das Thema ‚Erlaubtes‘ (Halal) sagten sie:

- Der Verehrte Abdülhalik Gucdevani sagte: „Man muss die Last den Menschen abnehmen. Das schafft man nur mit ehrlich erworbenem Gewinn.“ Er fügte hinzu: „Auf dem Weg ‚Hadschegan‘ ist die Hand bei dem ehrlich erworbenen Gewinn und das Herz direkt bei dem Geliebten.“

Sie sagten:

- Nach Aussage des Verehrten Hodscha Ali Hakim Termizi hat das Herz verschiedene Munterkeitsstufen. Das muntere Herz kommt nicht ohne Wirtschaft zu Stande. Die Wirtschaftlichkeit bedeutet, dass man sich sowohl im Schlaf als auch im wachen Zustand mit dem Zikir beschäftigt. Das Zikir im Schlaf heißt, dass man vom Zikir träumt.

Sie sagten:

- „Das dauerhafte Zikir bringt das Herz so weit, dass die Wahrheit des Zikirs sich mit der Substanz des Herzens vereinigt.“ Diese Worte gehören dem Verehrten Scheich Muhammed Parisa und bedeuten: Die Wahrheit des Zikir ist ein unabhängiger, abstrakter Sachverhalt von Buchstaben, Silben, Worten und Stimmen. Die Substanz des Herzens ist auch ein abstrakter Sachverhalt, nämlich ‚Gönül‘ (Abstraktes Synonym für Herz). Die beiden Sachverhalte vermischen sich untereinander und werden Eins. Der Zikirmacher wird von den beiden Sachverhalten umgeben und besetzt. Der Zikirmacher kann wegen dieser Umgebung und Besetzung keine Unterschiede zwischen dem im Zikir Erwähnten und seinem Herzen (Gönül) machen. Auf der Endstufe des Zikirs entsteht solch ein Zustand, dass man außer den im Zikir Erwähnten nichts mehr sehen kann. In diesem Punkt vermischt sich das Herz mit dem ‚Nichtvorhandensein‘.

Sie sagten:

- Eines Tages ging ich zum Verehrten Mevlana Hamuş. Der Verehrte Mevlana sprach mit den Anwesenden über die Wissenschaft. Ich setzte mich auch in eine Ecke und schwieg. Der Verehrte Mevlana fragte mich: „Was meinst du? Soll ich schweigen oder reden?“ Er fügte hinzu: „Wenn jemand sich von seinem eigentlichen Wesen rettet, kann er tun und lassen was er will. Wenn nicht, dann ist alles, was er tut, schlecht.“ Ich habe keine wertvolleren Worte des Verehrten Mevlana Hamuş gehört.

Sie sagten:

- Wieder habe ich von Verehrtem Mevlana Hamuş gehört: „Es ist möglich, Scharia, dem Orden und der Wahrheit bei jeder Gelegenheit zu folgen. Zum Beispiel: Es ist allgemein bekannt, dass die Lüge verboten ist. Wenn man seine Zunge vor Lügen bewahrt, befolgt man ‘Scharia’. Aber es ist möglich, dass das Herz zur Lüge tendiert. Wenn man sein Herz vor dieser Gefahr beschützt, folgt man dem ‘Orden’. Wenn man seine Zunge und das Herz gewollt oder ungewollt vor Lügen bewahren kann, mit den Worten: wenn man keine Kraft mehr hat zu lügen, hat man die ‘Wahrheit’ erreicht.“ Man kann diese Worte des Verehrten Mevlana nicht genug loben.

Sie sagten:

- Die heilige Geschichte des Verehrten Hodscha Bahaeddin Nakşibend ist äußerst bedeutungsvoll: Am Anfang seiner geistlichen Ekstase hörte er eine Stimme: „Warum möchtest du in diesen Weg hineingehen?“ Er antwortete: „Was ich auch sage, was ich mir auch wünsche, soll geschehen. Deswegen möchte ich in diesen Weg hinein.“ Die gleiche Stimme: „Was wir sagen und was wir uns wünschen wird geschehen.“ Er antwortete: „Ich habe dafür keine Kraft, ich kann es nicht aushalten.“ Man ließ den Verehrten Nakşibend fünfzehn Tage mit sich allein. Er kam so weit, dass er seinen Kopf auf Steine aufschlug. Er verlor fast seine Hoffnung. In diesem Moment kam die Stimme: „Es soll so geschehen, wie du es haben möchtest.“ So wurde es bei dem Verehrten Hodscha aufgeschrieben. Der Verehrte Mevlana Yakup Çerhi sagte: „Als die Anrede

‚Es soll so geschehen, wie du es haben möchtest‘ bei mir ankam, hielt ich mich auf diesem Weg, der mich ans Ziel bringen würde.“

(Diese Stufe nennt man „Ziererei“. Das Verlangen eines Heiligen auf dieser Stufe ist das Verlangen Allahs, nichts anderes.) N.F.K

Eines Tages wurde er unzufrieden durch die Menschen um ihn herum und er sagte:

- Ihr könnt die Last dieses Weges nicht tragen! Dieser Weg ist ein sehr feinfühliger Weg. Auf diesem Weg gibst du deine Wünsche ab und nimmst die Wünsche von jemand anderem. Denkt mal nach!...Eine sehr schwierige Sache... Wenn ich euch jetzt sagen würde ‚Ihr sollt Schweine mästen!‘ oder ‚Ihr sollt Götzen anbeten!‘ würdet ihr mich verfluchen und als Ketzer hinstellen. Aus dem Grund ist diese Arbeit für euch sehr schwierig! Ich erzähle euch eine Anekdote: Eines Tages stritten zwei Diener des Verehrten Hodscha Bahaeddin Nakşibend um den Glauben, der Streit wurde lang und länger. Am Ende kam der Verehrte Şah-ı Nakşibend zu den Beiden und sagte: „Wenn euer Wunsch die Sohbets mit uns ist, müsst ihr euren Glauben abgeben.“ Diese Worte kamen den Beiden sehr schwer vor. Sie litten darunter so lange, bis ihnen der Wunsch des Verehrten Hodscha verständlich wurde.

(Die Wahrheit dieser Worte ist; Man soll über den Glaube nicht ins Gerede kommen. Man soll den Glauben über die Worte halten.) N.F.K

Er nahm einen der Gefährten als Gesprächspartner und sagte:

- Du erhälst Segen, Güte und Liebenswürdigkeiten des Verehrten Şah-ı Nakşibend. Wenn du die gleichen Gaben von anderen Großen bekommen würdest, würdest du den Verehrten Hodscha Bahaeddin verlassen oder nicht? Die Antwort auf diese Frage lautete: Von wem oder unter welchen Umständen man auch die Gaben erhält, sollte man wissen, dass sie von dem Verehrten Şah-ı Nakşibend kommen. Ein Mürid von Kutbeddin Haydar ging zu dem Scheich Şehabüddin Sühraverdi. Der Mürid hatte Hunger. Er drehte sein Gesicht in Richtung des Dorfes seines Scheichs und verlangte in sich „Oh, Kutbeddin Haydar! Für Allah etwas“. Der Verehrte Scheich Sühraverdi entdeckte, was der Mürid in sich dachte und befahl sofort einem Diener, dass er Essen bringen sollte. Der Mürid sättigte sich und drehte sein Gesicht wieder zum Dorf seines Mürschids. Er sagte: „Oh, Kutbeddin Haydar! Ich bedanke mich für alles. Du lässt uns nirgendwo hilflos.“ Der Diener, der das Essen brachte, erzählte seinem Scheich: „Er aß euer Essen, aber danken tat er seinem Scheich.“ Der Verehrte Scheich Şahabeddin Sühraverdi sagte: „Ihr sollt von diesem Mann lernen, wie ein Mürid sein soll. Wenn ein Bewerber etwas Wertvolles oder Nützliches erfährt, egal wo, muss er diese Einstellung haben, dass alles von seinem Scheich kommt.“

Wenn der Bewerber einen reiferen Mürschid findet als seinen eigenen, geht er zu ihm. Über die Verzeihlichkeit dieser Handlung sagte er:

-Manchmal passierten solche Situationen. Ein bezeichnender Fall war die heilige Geschichte von Scheich Ebu Osman. Der Scheich Ebu Osman war ein Mürid bei einem Scheich. Er wurde aber von Scheich Ebu Hafas regelrecht gejagt und schließlich gefangen.

Sie sagten:

- Einer der Großen sah den Teufel, wie er aus dem Tor der Moschee herausrannte. Er schaute durch das Tor der Moschee hinein und sah, wie ein Mann Namaz verrichtete und der Andere neben ihm schlief. Er fragte den Teufel: „Mit welcher Absicht bist du hierher gekommen und warum läufst du jetzt weg?“ Der Teufel antwortete: „Ich bin gekommen, um den Mann, der das Namaz verrichtet, in Versuchung zu führen. Aber ich habe vor der Würde des schlafenden Mannes einen Schreck bekommen. Deswegen bin ich schnell weggelaufen.“

Sie sagten:

- Seyyid Kaasım Tebrizi war in der Gesellschaft des Verehrten Mevlana Zeynüddin Ebubekir. Ein Mürid eines zeitgenössischen Großen war auch anwesend. Mevlana Zeynüddin fragte diesen Mürid: „Liebst du deinen Scheich oder den Verehrten İmam-ı Azam (gilt als Gründer der Hanefikonfession) mehr.“ Der Mürid antwortete: „Ich liebe meinen Scheich mehr.“ Über diese Antwort ärgerte sich der Verehrte Mevlana so sehr, dass er diesen Mürid beschimpfte und als Hund bezeichnete. Anschließend zog sich der Verehrte Mevlana in sein Gemach zurück. Etwas später kam er heraus und sagte zu dem Verehrten Seyyid Kaasım: „Ich habe das Herz dieses Mürids gebrochen. Lass uns zu ihm hingehen und uns entschuldigen.“ Die Beiden machten sich auf den Weg, um den Mürid zu finden. Sie trafen den Mürid auf der Straße. Er kam den Beiden entgegen. Bevor sie sich entschuldigen konnten, kam der Mürid auf sie zu und sagte: „Ich möchte mich bei euch entschuldigen. Ich möchte ihnen erklären, warum ich meinen Scheich mehr liebe. Der Grund ist: Ich bin seit Jahren in der Konfession des Verehrten İmam-ı Azam. Aber deswegen konnte ich meine schlechten Eigenschaften nicht ablegen. Ich bin erst seit Kurzem bei meinem Scheich, aber dafür konnte ich meine schlechten Eigenschaften ablegen. Jetzt möchte ich wissen: Ist das ein Fehler, so eine Persönlichkeit mehr zu lieben als unseren Konfessionsgründer? Wenn es verboten ist, sagen sie es mir. Ich kehre zurück.“ Diese Erklärung gefiel dem Verehrten Mevlana und er zeigte dem Mürid viele Liebenswürdigkeiten.

Sie sagten:

-Eines Tages gingen der Verehrte Mevlana Sadeddin Kaşgari und ich den Scheich Bahaeddin Ömer besuchen. Unterwegs sagte der Verehrte Mevlana zu mir: „Wir sollten den Heiligen der Heiligen (Kutup) finden. Er soll unsere Geistlichkeit unter seine Befugnismacht nehmen und uns vor uns selbst retten.“ Als wir vor den Audienzort des Scheichs traten, drehte sich der Scheich zu Mevlana und sagte: „Was willst du mit der Befugnismacht des Heiligen der Heiligen. Die größte Befugnismacht ist je nach der Begabung des Bewerbers, durch Sohbets die Hindernisse und Besorgnisse aus dem Herzen abzuschaffen.“ Aber der Verehrte Mevlana Sadeddin meinte das gar nicht. Er wollte nicht diese Art der Befugnismacht nach der Begabung eines Bewerbers, sondern darüber hinaus. Der Bewerber des ‘Hadschegan’ Wegs will viel mehr geistliche Befugnismacht. In diesem Punkt irren sich die Bewerber des ‘Hadschegan’ Wegs nicht. Der Verehrte Mevlana suchte den Segen vom Heiligen des Heiligen als Reflexion, die über seine Begabung hinausgeht.

Der Autor von ‚Rinnsal‘:

- Jedes Wesen, das eine Gestalt hat, hat auch einen entsprechenden Namen. Die Engel haben auch in ihrem Dasein spezielle Namen. Sie bewegen sich in aller Ruhe und mit Genuss in den Rahmen ihrer Namen. Sie können ihre Namen weder wechseln noch austauschen.

وَمَا مِنَّا إِلَّا لَهُ مَقَامٌ مَّعْلُومٌ
Ve ma minna illâ lehü mekâmün mağlûmün

Dieser Vers bezeichnet die Bedeutung des Rahmens des Namens. Der Mensch passt aber nicht zu diesem Rahmen des Namens. Der Mensch hat die Freiheit, einerseits die Eigenschaften wie Grausamkeit und Unwissenheit zu wählen oder aber andererseits die heiligen Eigenschaften anzunehmen. Also der Mensch ist in der Lage bzw. hat die Freiheit, die Seiten zu wechseln oder auszutauschen (zwischen Gut und Böse).

Sie sagten:

- Der Scheich Necmeddin Daye sagte: Es gibt keinen Menschen, der das Sohbet eines Heiligen zu schätzen weiß, geschweige denn davon wissen will.

Sie sagten:

- Der Verehrte Scheich Ebulkaasım Gürkani erzählte: „Gib dich mit jemandem ab, so dass dein ganzes Dasein Seines wird oder sein ganzes Dasein Deines wird. Oder ihr Beiden sollt im ‘Nichtvorhandensein’ Allahs aufgelöst werden. Es gäbe dann weder dich noch ihn.“

Einen Menschen, der sich nach der geistlichen Befugnismacht sehnt, beschreibt man etwa so:

- Die Befugnismacht, die du willst, muss so sein: Entweder werde ich du oder du wirst ich.

Über die Beschreibung des Tasavvuf sagte er:

- Diese Beschreibung wurde von Scheich Ebu Said Ebulhayr gemacht. „Bis jetzt sagten siebenhundert Heilige über die Beschreibung des Tasavvuf viele Worte. All die Worte kann man auf einen Punkt bringen. Tasavvuf ist, die Zeit für das Wertvollste zu verbringen und zu nutzen.“

Sie sagten:

- Der Verehrte Scheich Ebusuud sagte seinen Gefährten: „Ihr kommt mir nicht mit dem, was ihr von den Menschen gehört habt, sondern was ihr geworden seid.“ Der Verehrte Muhiddin-i Arabi sagte: „Der Scheich Ebusuud beabsichtigte mit diesen Worten: Ihr sollt zu meiner Heiligkeit nicht mit dem kommen, was ihr von den Menschen bekommen habt, sondern damit, was ihr im Herzen durchgefiltert habt. So heißen die Worte des Scheich Ebusuud.“

Sie sagten:

- Der Verehrte Cüneyd sagte die Worte mit einer Anspielung und darin versteckten Weisheiten. Eines Tages fielen aus seinem Mund die Worte, die viele feine Wahrheiten beinhalteten. Er wurde sich dessen bewusst und dachte sich: es muss einer in dieser Gesellschaft anwesend sein, der diese Worte angezogen hat. Sie suchten nach dieser Person und fanden in einer Ecke Mansur (Hallaç). Er saß in einer Ecke, sein Kopf unter seinem Taler. Sie brachten Mansur hinaus, weil allgemein bekannt war, dass Mansur all die Geheimnisse offen erzählte.

Sie sagten:

- Wie der Verehrte Mevlana Nizameddin Hamuş sagte: Der Scheich muss es wissen, sich den Mürids gegenüber schön zu zeigen. Es ist eine Regel, dass ein Scheich sowohl mit äußerer als auch mit der inneren Schönheit erscheinen muss.

Sie sagten:

- Ich kann mit Menschen, die aus der Prophetenfamilie stammen, nicht am gleichen Ort wohnen. Da sie die Ehre haben, aus der Familie von Allahs Propheten zu stammen, habe ich Angst, dass ich ihnen nicht den gebührenden Respekt zeigen kann. Eines Tages, als der Verehrte İmam-ı Azam unterrichtete, beobachtete man, dass er einige Male aufstand. Der Grund: Auf dem Hof spielten viele Kinder, und unter ihnen befanden sich einige Kinder, die aus der Familie des Propheten stammten. Der große İmam stand jedes Mal aus Höflichkeit auf, wenn er die Kinder erblickte.

Sie sagten:

- Ich fragte einen Großen aus Semerkant: „Wie soll man es deuten, wenn man im Traum Allah als Tod sieht?“ Er antwortete: „Wenn man im Traum Allahs Propheten als Tod sieht, ist das ein Beweis dafür, dass man sich in Scharia etwas zu Schulden kommen ließ. Dein Traum erhält eine ähnliche Deutung.“ Nach meiner eigenen Deutung verliert derjenige, der den Audienzort Allahs erreicht hat, seine Stellung. Der Verehrte Mevlana Cami deutete diesen Traum umgekehrt. Wer im Traum Allah als Tod sieht, verliert eine seiner schlechten Eigenschaften und nähert sich Allahs Audienzort.

Sie sagten:

- Die Entdeckung der Gräber bzw. des Zustands der Toten ist nur möglich, wenn man in die Seele des Toten in Gestalt aus der Musterwelt sieht. Aber die Teufel haben die Begabung, verschiedene Formen und Gestalten anzunehmen. Aus dem Grund legen die Großen des ‚Hadschegan‘ Weges keinen Wert auf solche Ereignisse. Die Großen von ‚Hadschegan‘ entleeren beim Grabbesuch ihre inneren geistlichen Anteile. Es entsteht im Inneren ein neuer Anteil. Durch diesen neuen Anteil erfahren sie über den Zustand des Toten. Eine ähnliche Methode wird auch angewendet, wenn jemand Fremdes in eine Gesellschaft kommt. Sie blicken zuerst auf die innere Geistlichkeit des Fremden. Der Verehrte Scheich Muhiddin-i Arabi nennt es ‚Entgegengebrachte Erscheinung‘. Dieser Zustand der Großen kommt durch die Freude und den Glanz zustande, weil deren Spiegel der Heiligkeit von den Mustern der Welt gesäubert sind. Der Spiegel des Gönüls ist rein und sauber. Wenn die Großen von ‚Hadschegan‘ ihr Gönül mit sich allein lassen, bleibt nur Farblosigkeit wie bei einem sauberen Spiegel. Dadurch spiegelt sich der Zustand und der Anteil des Gegenüberstehenden original auf sie wieder. Sie sehen die Wiederspiegelung (Spiegelbild) bei sich selbst.

Sie sagten:

- Eines Tages besuchten der Verehrte Mevlana Nizameddin und ich die Friedhöfe der Stadt Şaş. Er setzte sich neben ein Grab und kehrte in sich. Etwas später stand er mit einem seelischen Druck auf und sagte: „Die geistliche Ekstase dieses Grabbesitzers ist überlegen.“ Tatsächlich gehörte dieses Grab dem İbrahim Kimyaker, einem Verzückten. Er ging danach zu einem anderen Grab und sagte darüber: „Der wissenschaftliche Anteil dieses Grabbesitzers ist überlegen.“ Dieses Grab gehörte einem Religionsgelehrten mit dem Namen Scheich Zeynüddin Guy-u Arifan. Nach der Feststellung der Forscher ist das Weiterkommen nach dem Tod möglich.

Sie sagten:

- Über die Meinung, dass man sich nach dem Tod geistig weiter entwikkeln kann als im Leben, gibt es eine einstimmige Meinung der Forscher und Entdecker. Der Verehrte Muhiddin-i Arabi unterstützte auch diese These. Der Ebulhüseyn Nuri war jedoch nicht der Meinung. Er sagte: „Es gibt kein Weiterkommen nach dem Tod.“ Durch viele Erfahrungen steht fest, dass die Seele, wenn sie den Körper verlässt, neues Wissen erlangt, das nicht zu dieser Welt zugehörig ist. Dieses Wissen entwickelt sich weiter.

Sie sagten:

- Der Verehrte Gavs-ı Azam bekam durch Eingebung eine Ansprache über die Wahrheit der Armut: „Oh, Gavs-ı Azam! Rate deinen Gefährten zur Armut. Danach rate ihnen, sich von der Armut fern halten. Mit der Armut befreien sie sich von den Belangen der Welt und des Lebens. Danach retten sie sich vor der Armut. Erst dann werde ich (Allah) als einziges Ziel übrig bleiben.“

Sie sagten:

- Einige Große erzählten: „Kämpfe dafür, dass du nicht mit deinen Taten ins Grab gehst.“ Diese Worte besagen, dass keine einzige Tat auf dem Mensch beruht. Jede Tat geschieht nur durch den Segen Allahs. Man muss es wissen und sich dessen bewusst sein.

Sie sagten:

- Einige Große sagten: „Wenn Allah es wünscht, würde man sich selbst auf der Stufe der ‚Einheit‘ verstehen.“ Diese Worte besagen, dass die Einheit die Stufe der abstrakten Wahrheit ist. Wenn Allah es wünscht, gibt er dem Menschen die Wissenschaft von sich. Durch die Beschäftigung mit dieser Wissenschaft versteht der Mensch das Geschöpf und den Schöpfer. Man kann Allah nicht ohne diese Wissenschaft verstehen. Allah kann man nur durch Allah erfahren.

Sie sagten:

- In einer Nacht hatte Hodscha Baki Schmerzen. Er konnte nicht schlafen. Wegen seiner Schmerzen konnte auch ich nicht schlafen. Wer das Leiden seiner Bezugsperson nicht spürt, ist hartherzig und grob. Die Menschen auf diesem Weg sollten es spüren, wenn irgendein Wesen leidet. Diese Feinheit muss man besitzen. Einmal schlugen sie einen Esel so schlimm, dass aus seinem Hinterteil Blut floss. Man sah bei dem Verehrten Beyazid-i Bestami, der gerade anwesend war, wie das Blut an seinem Bein hinabfloss.

Der Autor von ‚Rinnsal‘:

- Aus den Worten des Verehrten Hodscha erkennt man, dass er sich auf der Stufe ‚Summe-Cem‘ befand.

Sie sagten:

- Eines Tages befand ich mich im Audienzort des Verehrten Scheich Bahaeddin Ömer. Jemand kam und sagte: „Einige Große haben in ihren Anfangszuständen gesagt, dass die Möglichen (Geschöpfe) mit dem Notwendigen (Schöpfer) dasselbe sind. Am Ende ihrer Zustände sagten sie, dass der Notwendige mit den Möglichen dasselbe ist. Wie soll man das verstehen?“ Der Verehrte Scheich sagte: „Die Richtung der ersten These ist auf einem falschen Weg. Die zweite These ist richtig.“ Er stellte die Frage an die Anwesenden: „Was ist der Unterschied zwischen den beiden Thesen?“ Keiner traute sich, eine Antwort zu geben. Die Anwesenden erwarteten vom Verehrten Scheich eine Erklärung. In diesem Moment kam eine Gruppe Fürsten aus Turkestan. Die Erklärung konnte nicht mehr erörtert werden.