MEVLANA YAKUP ÇERHİ

Ein fortgeschrittener Mürid des Verhehrten Hodscha Bahaeddin. Er war aus dem Dorf Çerhi, in der Stadt Gazneyn. Seine Grabstätte liegt in einem Burgdorf mit dem Namen Helfeto.

Er erzählte:

- Bevor ich ein Anhänger des Verehrten Hodscha Bahaeddins wurde, hatte ich für ihn große Liebe empfunden und Interesse gezeigt. Nachdem ich in Buhara mein Zeugnis der Religionswissenschaften bekommen hatte, wollte ich nach Hause gehen. Doch stattdessen erstattete ich dem Verehrten Hodscha einen kurzen Besuch ab. Ich bettelte ihn an: „Bitte, behalten sie mich in ihrer Erinnerung.“ Er entgegnete: „Du kommst erst jetzt, obwohl du sowiso weggehen wolltest?“ Ich sagte: „Ich hatte herzliche Sehnsucht nach Ihnen.“ Er antwortete: „Woher kommt diese Sehnsucht?“ Ich sagte: „Sie sind eine Größe, geschätzt von Allen.“ Er sagte: „Dieser Grund ist nicht ausreichend. Du musst höhere Gründe haben. Die Wertschätzung der Menschen könnte vom Teufel sein.“ Ich sagte: „Nach einem sicheren und beglaubigten Hadith: wenn Allah jemanden als Freund hat, fällt die Liebe in die Herzen der Menschen für den Freund Allahs.“ Er lächelte und sagte: „Wir sind die Geliebten (Azizan).“ Als ich dies hörte, wäre ich fast ohnmächtig geworden, denn vor einem Monat träumte ich, dass man mir sagte: „Sei ein Mürid bei den Geliebten (Azizan).“ Ich hatte diesen Traum völlig vergessen, doch ich erinnerte mich wieder, als der Verehrte Hodscha das Wort ‘Geliebte’ aussprach. Meine Bindung zu dem Verehrten Hodscha war nun noch stärker. Ich bettelte noch einmal: 

„Bitte behalten Sie mich in Ihrer Erinnerung.“ Er sagte: „Eines Tages verlangte man von einem Geliebten das Gleiche. Der Geliebte sagte: wenn man etwas in Erinnerung behalten möchte, sollte man ein Mittel oder einen Gegenstand benutzen, damit man nicht vergisst.“ Nachdem er das sagte, gab er mir sein gesegnetes Käppchen und sagte: „Du hast nichts, was du mir geben kannst. Nimm dieses Käppchen, wenn du es berührst und anschaust, erinnerst du dich an uns und findest uns bei dir.“ Außerdem regte er mich an: „Versuche auf deiner Reise Mevlana Tacüddin Deştgulegi zu finden. Er ist ein Heilger Allahs.” Ich machte mich auf den Weg. Zuerst wollte ich nach Belh und von da aus nach Hause gehen. Belh und Deştgulegi lagen in entgegengesetzten Richtungen. Irgendwie befand ich mich in der Nähe von Deştgulegi. Ich erinnerte mich an die Anregung des Verehrten Hodschas und wunderte mich. Ich ging sofort zu den Sohbets des Mevlana Tacüddin, doch meine Sehnsucht und Bindung zu dem Verehrten Hodscha wurde immer größer. Ich wollte dringend zurück nach Buhara, um mich dem Verehrten Hodscha zu ergeben. In Buhara gab es einen Verzückten, ich vertraute ihm. Als ich ihn am Straßenrand sitzen sah, fragte ich ihn: „Soll ich gehen oder nicht?“ Er erwiderte: „Verliere keine Sekunde, geh schnell.“ Er zeichnete einige Striche auf den Boden. Ich dachte für mich: ‘Ich zähle diese Striche, wenn eine ungerade Zahl herauskommt, werde ich gehen.’ Ich habe gezählt, es war ungerade. Also ging ich sofort zu dem Verehrten Hodscha hin und hielt seinen Saum fest. Er sprach mir vor, wie und wieviel Zikir ich machen muss (Vukuf-u Adedi) und sagte: „Achte sehr darauf, dass die Zahl des Zikirs ungerade ist.“ Er erinnerte mich an die Striche des Verzückten.

Mevlana Yakup Çerhi erzählte persönlich:

- Durch die Gnade Allahs entstand in mir ein Verlangen nach Allahs Liebe und Güte und führte mich zu dem Verehrten Hodscha Bahaeddin Nakşibend in Buhara. Die Ehre und Zuwendung des Hodschas machte mich sehr glücklich. Ich sah, dass mein Mürschid der reifeste, hervorragendste und größte Heilige war. Die Sicherheit meiner Gefühle und meine Ergebenheit zu diesem Weg wurden durch den Koran bestätigt. Eines Tages saß ich zu Hause in Fethabad. Mein Gesicht blickte in die Richtung von Scheich Seyfüddin Buharazis Grabstätte. Plötzlich enstand in mir ein heftiger Streit. Ich musste sofort zu dem Verehrten Hodscha eilen. Er wohnte in ‘Kasr-ı Arifan’. Ich ging also Richtung Kasr-ı Arifan und sah ihn auf dem Weg sitzen, als hätte er auf mich gewartet. Er machte mir ein huldvolles Geschenk. Nach dem Namaz unterhielt er sich mit mir. Er war so großartig, dass ich keine Macht und Kraft hatte, etwas zu sagen oder entgegen zu setzen. In diesem Moment sagte er: „Es gibt zwei Wissenschaften. Die erste ist die Wissenschaft des Herzens. Sie ist am Nützlichsten. Diese Wissenschaft wird von den Propheten und Gesandten Allahs benutzt. Die zweite Wissenschaft ist die Sprach- und Schreibwissenschaft. Sie ist die Beweisurkunde für Menschen, Allah zu erfahren. Ich hoffe, dass du von der Wissenschaft des Herzens etwas mitbekommst.“ Er fügte hinzu: „Du sollst dich mit den Treuen abgeben und auch selbst treu sein, denn sie sind die Spione des Herzens. Sie schleichen sich hinein und informieren sich über die Verhältnisse dort. Wir können von uns aus Keinen in den Orden aufnehmen. Wir handeln auf den Befehl, den wir bekommen. Wir wollen sehen, was für ein Zeichen wir heute Nacht bekommen werden. Wenn sie dich annehmen, nehmen wir dich ebenfalls an.“ Diese Nacht war meine schwerste Nacht. Ich hatte Angst, nicht aufgenommen zu werden. Das Tor zum Glück wäre dann für mich geschlossen. Bis zum Morgengrauen hatte ich Angst und Zweifel. Nach dem Morgennamaz sagte der Verehrte Hodscha: „Frohe Botschaft! Es kam das Zeichen der Annahme. Wir nehmen nur sehr wenige Menschen auf. Unsere Aufnahme dauert sehr lange. Es soll Klarheit darüber herrschen, wie der Kandidat kam und wie er ist. Auch die Zeit bestimmt die Aufnahme.“ Um die Bedeutung dieser Sätze zu verstehen, sollte man den Begriff ‚Zeit‘ im Tasavvuf (islamische Mystik) gut kennen.

Nach der Überliereung des Verehrten Mevlana Cami beschrieb der Verehrte

Aynilkuzat seinen eigenen Zustand:

- Ich, mein Vater und einige İmams waren in einem Haus eines Sufis. Einer sang eine Gebetshymne und wir bewegten uns leicht. Mein Vater beobachtete alles und entdeckte durch die Sicht seines Herzens, dass der Verehrte Hodscha Ahmed Gazali auch anwesend war und sich mitbewegte. Er konnte sogar die Kleidung und dessen Farbe erkennen. In diesem mystischen Moment schrie der Sänger „Ich möchte sterben!“ und fiel um und starb. Wir haben den Begriff ‘Zeit’ verstanden. Dieser Moment machte alles möglich - Leben oder Tod. Die Bedeutung der Zeit sprach zu meiner Seele: „Du hast einen Lebendigen getötet. Könntest du ihn auch wieder genauso zurück ins Leben rufen?“ Ich fragte mich innerlich: “Wer ist denn der Tote?“ Die Antwort war: „Das ist der, der am Boden liegt.“ Ich sagte: „Oh, Allah! Mach diesen Toten wieder lebendig!“ Der Tote wurde sofort wieder lebendig.

In einem Hadith steht: „Die Religionswissenschaftler sind Nachfolger von Propheten. Es gibt kein Geheimnis für die Religionswissenschaftler, Heiligen, Allah Liebenden und Gewissensinhaber.“ Nach diesem Hadith sind die Religionswissenschaftler zuständig für die Scharia, die durch den Propheten praktiziert wurde. Die Religionswissenschaftler achten und schützen die Scharia. Die Mürschids, Heiligen und Herzenswissenschaftler, die mit der Liebe Allahs erfüllt sind, kennen die Wahrheit und die Geheimnisse des Propheten Muhammed. Sie sind ebenfalls Nachfolger des Propheten. Die Religionswissenschaftler bzw. Schariafachleute sind für die Ordnung der Außenwelt zuständig. Die geistlichen Helden sind für die Ordnung des Innenlebens und der Geistlichkeit zuständig. Es ist leider nicht möglich, über die geistlichen Helden mehr zu erzählen. Die Worte bleiben ungenügend. Auch der Verstand bleibt meistens auf der Strecke, obwohl darüber viel erzählt wurde. Sie haben solche Momente, in denen alle Wünsche in Erfüllung gehen. Deren Wille trifft immer das gewünschte Ziel. Das gilt natürlich für die großen Heiligen. Diese Gabe ist nicht jedem Geistlichen gegeben. Darüber gibt es ein überzeugendes Hadith. Jemand, der davon etwas versteht, sollte umgehend einen Mürschid finden und sich glücklich schätzen, wenn er von ihm angenommen wird. Man öffnet dadurch sein Herz für den Segen und die Güte Allahs. Die Vorraussetzungen sind erstens die Einstellung des Mürids, wie und mit welcher Wertschätzung er sich seinem Mürschid zuwendet (die Ergebenheit). Die zweite Vorraussetzung ist, wie weit der Mürschid die Zeit beherrscht und wie viel Macht er über die Zeit hat. Aus diesem Grund verdeutlicht der Verehrte Şah-ı Nakşibend die Wichtigkeit der Zeit bei der Aufnahme eines Mürids.

Nachdem der Verehrte Yakup Çerhi über die Weisheit der Zeit berichtet hatte, sagte er weiter:

- Der Verehrte Şah-ı Nakşibend zeigte mir seine Ahnenreihe bis zu Abdülhalik Gucdevani und lud mich in die Zahlenlehre des Zikirs ein (Vukuf-u Adedi). Er sagte mir: „Die Ledünwissenschaft ist die Zahlenlehre, die dem Verehrten Abdülhalik Gucdevani von HIZIR beigebracht wurde.“ Eine zeitlang diente ich in Buhara bei meinem Mürschid. Als ich die Erlaubnis hatte auf die Reise zu gehen, sagte er zu mir: „Was bei dir von uns als Anstand des Ordens und den Geheimnisse der Wahrheit ankommt, bringe es zu den Dienern Allahs und versuche für deren Glück zu arbeiten.“ Der Verehrte Hodscha Bahaeddin befahl mir, mit dem Hodscha Alaeddin Attar Gespräche zu führen. Nach dem Tod des Verehrten Hodschas blieb ich lange Zeit in Bedehşan. Der Hodscha Alaeddin war in Çiğaniyan. Er schickte mir einen Brief und erinnerte mich an die Worte des Verehrten Hodschas. Er fragte mich, was ich über die gemeinsamen Gespräche denken würde. Er wollte meine Meinung dazu wissen. Ich ging sofort zu dem Verehrten Alaeddin Attar. Bis zu seinem Tod blieb ich bei ihm und drei Tage danach kehrte ich zurück nach Hause.

Mevlana Yakup Çerhi studierte in jungen Jahren in der Moschee Herat und später in Ägypten Wissenschaften.

Er sagte:

- Während ich in Herat lebte, nahm ich meine Mahlzeiten in dem Derwischkloster des Verehrten Abdullah Ensari ein. Die Bedingungen dieser Stiftung waren großzügig. In Herat gab es drei sichere Stiftungen, in denen man sich geschützt fühlen konnte. Die sicheren Stiftungen waren Hodscha Abdullah Ensari, Hanikah-ı Melik und die theologische Hochschule Gıyasiye.

Aus diesem Grund schickten die Großen aus Maveraünnehr ihre Mürids nicht nach Herat, denn man konnte in Herat kaum Halal (ehrlich erworbenes) Essen bekommen. Falls die Bewerber dieses Weges Verbotenes essen würden, würden sie von ihrem geistlichen Weg abkommen und dem rechten Weg (Sıratı Mustakim) fern bleiben.

Der Verehrte Hodscha Ubeydullah erzählte:

- Der Verehrte Mevlana Yakup Çerhi war in Ägypten mit dem Verehrten Scheich Zeynüddin Hafi zusammen. Die Beiden bekamen viel Segen von dem damaligen hohen Geistlichen Mevlana Şahabeddin Sirvani. Die ähnliche Gemütsart und der gleiche Orden verband sie. Eines Tages fragte Mevlana Yakup ihn: „Du warst oft in Horasan. Die Mürids von Scheich Zeynüddin Hafi sollen die Träume deuten und die Deutungen sollen richtig und sicher sein. Ist das wahr?“ Er antwortete: „Ja, es ist wahr.“ Nach diesen Worten ist er ohnmächtig geworden. Das passierte ihm öfter. Seine Hände durchkämmten seinen Bart, als sein Kopf auf seine Brust fiel. Ein paar weißen Haare blieben zwischen seinen Fingern hängen. Er blieb so eine Stunde lang. Später hob er seinen Kopf hoch und trug zwei Verse vor.

Ich bin ein Kind der Sonne, rede nur von der Sonne
Ich bin weder die Nacht noch ein Nachtanbeter,
Ich habe keine Schlafmärchen zu erzählen.