MEVLANA ABDULGAFFUR

Der Autor von ‚Rinnsal‘ (von Mevlana Abdulgaffur)

- Einige Weggefährten des Verehrten Hodscha Ubeydullah und des Verehrten Kaşgari sammelten einige heiligen Worte. Über einige Themen hatten wir Zweifel und Unordnung. Am Ende haben wir das sicherste Thema ausgesucht.

1 - Der Verehrte Hodscha sagte: „ Auf die Sprüche und die Handlungen der Menschen, soweit sie nicht gegen die Regeln der Scharia sind, sollte man nicht reagieren. Aber wenn die Sprüche und Handlungen der Menschen gegen die Regeln des Scharia sind, müsste man dagegen sein. Diese Haltung entspricht dem Recht und der Wahrheit. Das passt dem Einverständnis Allahs und Propheten Allahs.“

2 - „Man soll auf das Schicksal und auf den Schicksalsschlag mit den Augen so schauen, als würde man den Schöpfer ansehen und den ersten Befehl Allahs für das Universum ‚GESCHEHE‘ miterleben.“

3 - „Es steht im Buch ‚Fütuhat‘ von Scheich-i Ekber geschrieben, dass das Geheimnis der Entstehung der Welt durch mühselige und harte Arbeit geöffnet wird. Dafür muss ‘Allah an sich’ als Rechtsgelehrter dem Gunstbesitzer beistehen. Ansonsten ist der Versuch, das Geheimnis zu lösen, mit oder ohne Fleiß erfolglos.“

4 - „Durch die Macht der Erschaffung wurde einigen Heiligen das gegeben, was sie sich wünschen. Der Unterschied zwischen der Erschaffung Allahs und der Erschaffung eines Heiligens ist, dass die Erschaffung des Heiligen ewig bleibt. Es sei denn, der Heilige stellt diese Erschaffung in der Musterwelt fest. Der Heilige muss sich seiner Schöpfung nicht mit Gefühl und Überzeugung zuwenden. Falls sich die Gestalt des Heiligens in der Musterwelt der Gestalt der Schöpfung zuwenden würde, würde er ein Ungläubiger werden. Wenn sich in der Musterwelt und der Überzeugungswelt die Zuwendung fortsetzt, bleibt das Bestehende ewig. Wenn die Zuwendung aufhört, würde das Bestehende nicht mehr existieren und zu absolutem Nichts zurückkehren.

5 - „Der Scheich Bahaeddin Ömer ritt immer auf einem weißen Pferd. Als man ihn nach dem Grund fragte, sagte er: Bei einigen Erscheinungen sollte meine Wahrnehmung in Gestalt eines Pferdes sein. Deswegen reite ich immer auf einem weißen Pferd. Jeder Entdecker hat unterschiedliche Ausdrücke in seiner Gestalt. Der Grund ist, dass sie verschiedene Wahrheiten und Weisheit besitzen. Die Erscheinung zeigt sich dem Zustand der Person nach in passenden Gegenständen. Zum Beispiel: Die Erscheinung wurde dem Verehrten Moses durch einen Baum gezeigt. Dem Prophet der Propheten wurde die Erscheinung durch einen Jüngling gezeigt. Es gibt einige Ereignisse, die die Bedeutung der Erscheinungen bestätigen. Der Scheich-i Ekber schreibt, dass er Allah in Gestalt eines Pferdes gesehen hätte. Die Auslegung dieser Worte von Scheich-i Ekber lauten: Wer sich auf den Weg des Tasavvuf begibt, sieht einige Erscheinungen, die den Geschöpfen zugehören. Man sieht die Erscheinungen als heilige Lichter, die den Handlungen zugehören. Man sieht die Erscheinungen als Weisheit, die den Eigenschaften zugehören. Man sieht die Erscheinungen als Genuss, der ‚Allah an sich‘ zugehört. Die Erscheinungen, die den Geschöpfen zugehören, sind für Allah als verschiedenste Gegenstände anzuschauen. Die Erde, die Flora, die Fauna und der Mensch - in jedem Bereich zeigt sich die heilige Erscheinung in Gegenständen und Wesen als volkommenste und reifste Art. Zum Beispiel: Im Bereich der Erde ist das reifste Element als heilige Erscheinung die Koralle, die dem Bereich Flora am nächsten steht. Die Koralle lässt ihre Wurzeln in die Erde. Vom Bereich Flora zu Fauna ist die heilige Erscheinung der Dattelbaum. Die Dattel ist die entwikkelteste und höchste Art in der Flora und steht am nächsten zur Fauna. Wenn man die Krone eines Dattelbaums beschneidet, trocknet der Baum aus und stirbt. Bei der Berfruchtung presst er die Samen auf das weibliche Teil. In der Fauna ist die heilige Erscheinung das Pferd. Das Pferd ist die entwickelteste Form im Bereich der Fauna und steht dem Menschen am nächsten, was den Verstand betrifft. Der Mensch ist das hoch entwickelteste Wesen in allen Bereichen. Er selbst hat keine Grenze zu weiteren Entwicklungen. Die Gestalt der Erscheinung auf der reifsten und vollkommensten Stufe des Menschen geschieht so: Allah zeigt sich dem Betroffenen (Erscheinungsbesitzer) wie er sich selbst sieht. Dieser Punkt ist für die Anhänger dieses Weges die schwierigste und gefährlichste Prüfung überhaupt. Es ist ein Wendepunkt zwischen Leben und Tod. Die Füße rutschen schnell weg auf dieser Stufe und die Katastrophe beginnt. Der Bewerber sieht nur sich selbst, sonst nichts. Egal, wo er sich hindreht, sieht er sich selbst. Die gesamte Existenz sieht er in sich begraben. Einige Heilige haben auf dieser Stufe ‘Allah bin ich’ oder ‘Allah ist unter meinem Talar’ ausgesprochen. Dieses Verhalten lässt einen vom Weg abkommen. Sie verhalten sich in einem geistlichen Rausch, in dem sie sich nicht unter Kontrolle halten können. Dieser Zustand, geistlicher Rausch und Willenlosigkeit, wird einigen Großen verziehen. Aber diesen Zustand zu verteidigen, wäre eine ketzerische Handlung. Die Menschen, die sich in diesen Zustand begeben, werden von teuflischem Hochmut und Arroganz belagert. Dadurch kommen sie schnell von dem Weg des Propheten ab. Das führt wiederum zu ewigem Untergang ohne Gleichen. Wenn der Heilige an den Weg des Propheten festgebunden ist, kommt er aus diesem Zustand nüchtern heraus. Falls er so einen geistlichen Rausch und Willenlosigkeit spürt, bittet er sofort um Vergebung und legt ein Bußgelöbnis ab. Dadurch wird er durch die Gnade Allahs in Schutz genommen.“

6- „Das Dasein des Möglichen ist jenseits von der Wahrheit und dem Zeitweiligen. Das Dasein des rituell Notwendigen ist identisch mit der Wahrheit.“

Zwischen den Idealisten und Tasavvufkennern gibt es über die Quelle und Stoff einen Streitfall. Einige Tasavvufkenner, viele Idealisten, viele Islamwissenschaftler und Scheich Rükneddin Alaüddevle glauben, dass eine der heiligen Eigenschaften Allahs, das Dasein, dem Geschöpf gegeben wurde. Diese Eigenschaft nennen sie ‚Segen des Daseins‘ . ‚Nefs-ü Allbarmherzigkeit‘ (Nefs-ü Rahman). Muhiddin-i Arabi, seine Anhänger, viele Tasavvufkenner, einige Idealisten und Islamwissenschaftler verstehen es so: Mit dem Geschöpf beginnendes Dasein ist direkt das Dasein Allahs und identisch mit der Wahrheit, nicht mit etwas anderem. Die gesamte Welt des Möglichen ist existent durch das rituell notwendige Dasein. Der absolute Schöpfer, ‚Allah an sich‘, hat eine Beziehung zu Wesen und Gegenständen. Diese Beziehung in ihrer Art und Weise und mit ihrem Sachverhalt ist uns verborgen. Die Propheten, Heiligen und Richter konnten das Geheimnis dieses Sachverhaltes nicht ganz lüften. Einige Große dieses Weges konnten sich durch ihre Begabung dem Geheimnis annähern.

Ein Bettler träumte von dem Verehrten Mevlana Abdulgaffur einige Tage nach seinem Tod.

Er fragte:

- Konnten Sie im Jenseits über das Geheimnis ‚Einheit des Daseins‘ (Vahdet- i Vücud) und über die Meinung des Verehrten Muhiddin-i Arabi über dieses Thema die Wahrheit heraus bekommen?

Er bekam die Antwort:

- Als ich ins Jenseits kam, traf ich den Verehrten Scheich. Ich fragte ihn nach dem Geheimnis der Einheit des Daseins. Er sagte: „Die Worte über dieses Thema sind von mir aufgeschrieben, weitere Erklärungen sind überflüssig.“

Wieder fragte der Bettler:

- Gibt es im Jenseits Liebe und Verliebtheit?

- Was sagst du da? Die wahre Liebe und die Verliebtheit existiert nur hier. In der materiellen Welt existieren nur Gegensätze und Verschiedenheit. Entsprechend sind die Gefühle auch gegensätzlich und verschieden. Aber in dieser Welt des Jenseits herrscht unter den Bestandteilen eine wunderschöne Harmonie. Es gibt keinen Untergang und kein Ende. Die Gegesätzlichkeit hat keinen Platz. Aus dem Grund ist die Liebe und Verliebtheit in der reifsten und vollkommendsten Form. Man muss sich merken, wenn die Seele ihre Beziehung zum Körper beendet, staunt sie ein paar Tage wie verwirrt. Nachdem die Seele alle Beziehungen zum Körper abgelegt hat, wird sie rein und sauber. Dadurch ist die Liebe und Verliebtheit umso schöner.

Der Bettler fragte wieder:

- Was sie erzählt haben, sind die Geheimnisse des Jenseits, obwohl die Seelen die Geheimnisse des Jenseits nicht preis geben dürfen. Wie kommt es, dass sie alles frei erzählen können?

Die Antwort:

- Das ist eine unsinnige Meinung und sind leere Worte. Viele Menschen sehen unseren Propheten und seine Anhänger im Traum und lernen über die Geheimnisse des Jernseits. Wenn es verboten wäre, die Geheimnisse des Jenseits zu verraten, hätten Koran und Hadithe nichts davon erzählen dürfen.

Damals träumte dieser Bettler von dem Verehrten Mevlana, der im Traum krank war. Er dachte darüber so nach:

- Mein Allah! Welche Weisheit steckt dahinter, dass deine Freunde Unglück und Katastrophen erfahren?

Er bekam diese Antwort:

- Das Geheimnis liegt darin, dass durch die Krankheiten und Enthaltsamkeiten der Verstand sauber gewaschen wird. Wenn der Verstand sauber gewaschen und gereinigt ist, bekommt er die Begabung, das absolute heilige Licht zu gewinnen. Bei der Erscheinung dieses Sinnes sind alle Menschen ebenbürtig. Wer also seinen Verstand gereinigt und sauber gewaschen hat, bekommt das absolute heilige Licht.

Der Verehrte Abdulgaffur starb im Jahr 912 n.H. im Monat Şaban. Hinter ihm wurden Trauerode vorgetragen und Geschichten geschrieben.